Manchmal ist es gut, sich mit gleichgesinnten austauschen zu können. Zum Beispiel in einem Coworking Space mit Themenschwerpunkt. Christin aus Hamburg ist Gründerin eines Coworking Space zum Thema Food und erzählt uns von der Gründung des foodlab Hamburg.

Erzähl uns ein bisschen was über Dich: Wo kommst Du her wie bist Du auf die Idee gekommen das foodlab, einen Coworking Space zum Thema Food zu gründen?

Ich bin Christin, 39 Jahre, verheiratet, lebe schon seit immer in Hamburg (mit einer kurzen Unterbrechung) und habe zwei Zwillingsmädels. Eigentlich komme ich aus der Werbung. Als die mir dann zu wild wurde, dachte ich, ich müsste mal was seriöses machen. So habe ich einen kurzen Abstecher ins Marketing gemacht. Das war spannend und ich habe viel gelernt in dieser Zeit, aber mir fehlte die kreative Arbeit. Also habe ich einen Foodblog gegründet, als Ventil, sozusagen.

2012 kannte noch niemand so richtig Foodblogs. Und weil ich für Food Startups Marketing gemacht und sie beraten habe, bin ich mit denen in Kontakt gekommen. Durch die Gespräche habe ich gemerkt, dass die Meisten dieselben Herausforderungen hatten. Alle brauchen so Dinge wie PR, Buchhaltung, was gehört auf ein Etikett und wo muss ich eigentlich was anmelden. Da habe ich dann festgestellt, dass es keinen Ort gibt, wo alle zusammenkommen und das es total schön wäre, wenn es diesen Ort gibt, wo man schnell Dinge klären kann. So kam es zur Idee des foodlabs. In meinem Kopf war das eher so ein 300qm Ort. Klein und muckelig, mit ein paar Schreibtischen, einem kleinen Kaffee Tresen und einem kleinen Pop-up Restaurant. Bis dahin hatte ich noch gar keine Ahnung, was das alles bedeutet, nämlich eine Vollgastro Küche mit Abluft, Fettabscheider und so weiter. Weil ich aus der Blogger Ecke kam, hatte ich noch eine Bücherwand für Kochbücher und natürlich eine kleine Ecke fürs Shootings geplant. Leider gab es Locations dieser Art nicht so einfach. Irgendwann habe ich dann einen Architekten kennengelernt und der kam mit einer Location um die Ecke, die 1.200 qm groß war. Als ich damals die Location gesehen habe, habe ich sofort gefühlt, dass das der richtige Ort ist. Die Location hat mich so umarmt und es war ein so guter Vibe dort. Dazu noch unverbauter Wasserblick! Das ist schon toll.

Auch wenn Hafencity, besonders die Ecke wo wir sind, (noch) nicht 1A Lage ist. Das fand ich überhaupt nicht schlimm. Denn ich dachte mir: “Was braucht ein Coworking Space und die Gründer:innen?.” Das muss gut erreichbar sein, das sind wir mit einer Bus-, Bahn- und bald auch Schiffsanbindung. Parkplätze sind Mangelware, was eher für das Thema Lieferservice kniffelig ist, da alle anderen die Car- und sonstigen Sharing Angebote nutzen können. Und sonst braucht es einen schönen Platz an dem Leute zusammenkommen können. Bei einem Pop-up Restaurant nehmen die Leute auch den Weg dorthin in Kauf, weil sie Lust haben dort zu sein. Was ich sehr mag an der Hafencity: im Gegensatz zu allen anderen Stadtteilen ist dieser Stadtteil noch nicht besetzt, das ist so eine goldene Mitte in Hamburg. Das foodlab ist nun halt etwas größer als ursprünglich gedacht. So haben wir nicht nur eine Küche, sondern fünf Küchen, sehr viel mehr Platz für Coworking und ein extra Fotostudio. Aber hey, es war perfekt und so haben wir drauflos geplant und das, was ich anpassen musste war die Finanzierung.

Was fasziniert Dich am Thema Food?

In die Wiege gelegt wäre jetzt der falsche Ausdruck, da meine Eltern nicht aus dieser Branche kommen. Aber bei uns wurde immer schon gerne und gut gegessen. Es wurde schon immer Wert auf gemeinsame Mahlzeiten gelegt. Mein Vater und ich planen unsere gemeinsamen Urlaube nach dem Thema Essen. Essen hat mich schon immer begeistert, weil ich das immer schön fand. Das Ritual essen gehen oder auch das gemeinsame Essen Zuhause mit Familie und/oder Freunden. 

Start-ups haben mich auch schon immer begeistert und ich war immer sehr trend-affin. Diese ganzen Interessen mündeten dann in diesem Food Blog. Das war eigentlich ursprünglich für meine Freunde gedacht, als digitales Nachschlagewerk. damit die mich nicht immer fragen, wo sie essen gehen sollen. Und so ergab eins das andere. Als ich für meine Kinder gekocht habe, habe ich mich mehr mit dem Thema Ernährung beschäftigt. Und dann kamen die Food-Startups dazu, und so wuchs die Begeisterung für Essen, Trends und Start-ups immer weiter und so uferte es aus in einen Coworking Space in dem wir versuchen, demnächst Pilze anzubauen.

Viele Coworking Spaces haben Formate, um Menschen gemeinsam an einen Tisch zu bringen wie Community Frühstücke. Was mögt ihr am Thema Essen und Community, denn neben den Coworking Plätzen habt ihr ja auch noch ein Restaurant?

Im Cook Up, einem Popup Restaurant in der Weidenallee, habe ich damals Miguel kennengelernt. Der hatte einen Food Truck, der heiß Mexiko Straße. Und er hatte keine Lust mehr auf seine Food Trucks und wollte mal schauen, ob sein Food Konzept auch in einem Restaurant funktioniert und hat sich ein Pop-up Restaurant gemietet. Da wurde ich dann als Food Bloggerin eingeladen. Dieser Abend hat mich so nachhaltig bis heute beeindruckt, dass ich dachte, es braucht so einen Ort an dem Konzepte ausgetestet werden können. Ich habe mir irgendwann zur Gewohnheit gemacht groß zu denken und dachte: “Wie toll wäre das, wenn es einen Ort gäbe, an dem die Food Konzepte aus anderen Städten nach Hamburg geholt würden zum testen, ob das auch hier funktioniert.” Und natürlich wollen wir im foodlab auch Menschen über das Essen zusammen bringen. Wir haben eine Leidenschaft für Food und alles was dahinterhängt. Also auch dafür, wo das Essen herkommt. Wir wollen auch was verändern. Wir wollen schon auch gucken, dass wir Diversität in Küchen vorantreiben. Dass wir die Familientauglichkeit in Küchen besser hinbekommen. Mein Traum ist es eine Küchenchefinnen Position zu vergeben, die in einem Shared-Job Modell arbeitet. Ich glaube wir können da ein bisschen Spielwiese für alles sein. Der gemeinsame Nenner Food ist bei uns wichtig. Wir haben einen Innenarchitekten für die Gastro im Space sitzen, wir haben eine Frau im Space sitzen, die gründet gerade ihr Wein Business, im Pop-up Restaurant probiert sich die Gastronomie aus. Das fasst natürlich auch alles sehr stark ineinander und ich glaube, die können sich alle gut miteinander vernetzen und verbinden. Wenn alle, die zum Thema Food aus verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten, dann können wir auch richtig was verändern.

Im Coworking Manifest beschreiben wir, dass wir unterschiedliche Gemeinschaften brauchen, die sich überlappen damit wirklich Neues entstehen kann.

Total. Mein aktuelles Lieblingsbeispiel aus dem foodlab sind besagte junge Gründerin mit dem Weinbusiness und ein Startup, das sich ausprobieren will und vom Stil her japanisch angehaucht ist. Der saß im Juli vor mir und hat mir seine Geschichte erzählt. Da sagte ich, dass wir im foodlab einen Kunden im Restaurant haben, der das Thema Kartoffeln bespielen will. Hast Du Bock? Der war so platt, dass ich ihm so vertraut und ihm für 10 Tage den Betrieb des Restaurants überlassen habe. Er hat glaube ich zwischendurch schon auch ganz laut “Scheiße!” geschrien, aber der hat wahnsinnig viel gelernt. Jetzt probiert er sich in den Küchen gerade so ein bisschen aus und hat gerade seine Plattform für Foodkits gelauncht. Die beiden, also Kerstin mit dem Wein und Balten & Balten haben sich getroffen und beschlossen was zusammen zu machen. Daraus ist der kleine Freitag entstanden. Wenn hier Betrieb war, hat Kerstin den Wein ausgesucht und Jesko hat passend dazu einen Snack vorbereitet. Und dann gab es für nen Zehner bei uns im Coworking Space am Platz serviert Essen und Wein. Das war sogar Corona konform möglich, da es innerhalb des Space und der Community als Verpflegung galt. Diese beiden haben sich gefunden, was gemeinsames gemacht, beide lernen dabei, können sich ausprobieren und alle anderen haben etwas davon. Das war so schön!

Das sind die magischen Momente im Coworking in denen es gelingt Menschen zusammenzubringen und dann zündet irgendwas durch. Auf einmal merkst Du, da ist Energie, Dinge entstehen und Leute kommen ins Handeln.

Absolut, ich finde Gründen ist ja wie so ein Baby. Das schreit auch mal nachts und kotzt und dann musst Du halt aufstehen und da sein. Da ist es dem foodlab egal ob es Sonntag ist oder ob es Freitag 21 Uhr ist. Der Klassiker ist, dass die Feuerwehr am Freitag um 21 Uhr am Haus steht. Das ist einfach so. Im Coworking Space Gründer:innen zu begleiten bedeutet ja auch, dass man ein gewisses Mentorship hat, ob man will oder nicht. Du begleitest die, bist auch mal Mülleimer, Cheerleader und Coach und alles Mögliche. Das finde ich total schön. Und ich bin auch ein bisschen mit-stolz mit den Ideen, die hier ausgeheckt werden, weil ich dann so ein bisschen Hebamme dafür bin. Irgendwie habe ich dieses Baby mit auf die Welt gebracht und das ist so schön. Ich feiere die Anderen genauso für deren Erfolge, wie ich uns für unsere Erfolge feiere.

Du hörst ja immer wieder, dass Gründer:innen zu lange alleine an ihrem Küchentisch sitzen. Daher versuchen wir die Menschen von den Küchentischen in die Spaces zu kriegen. Das sind ja nicht immer nur gute Zeiten wenn jemand gründet, sondern da gibt es auch ganz viele Fragezeichen.

Und auch ganz viel Angst und Unsicherheit. Häufig kriege ich auch einen Anruf und die Leute sagen “Christin, ich brauche mal kurz ein paar good Vibes!” und dann versprühe ich halt ein paar good Vibes. Das muss so sein, nach jedem Tal kommt ein Berg, schau Dich in den Bergen um, das ist nun mal so. Da musst Du jetzt durch und das ist auch für was gut. Das wird schon. Das versuche ich mir zu behalten. Und ich gebe auch ein ehrliches Feedback wenn ich denke “Lass das mal lieber!”

Du hattest eben erzählt ihr wollt Pilze anbauen, das ist ja nochmal ein ganz anderes Level als Essen zuzubereiten. Wie seid ihr da drauf gekommen und was habt ihr da vor?

Neulich kam meine Küchenchefin mit einem Serientipp um die Ecke. Die Serie läuft auf Netflix und heißt Waffel und Mochi. Das ist eigentlich eine Kinderserie. Die erklärt ganz wunderbar etwas über Lebensmittel und Essen und wo es herkommt. Da gibt es eine Folge in der es um Pilze geht. Und irgendwie waren wir dann auf einem Pilztrip und Marieke wünschte sich einen Ort, an dem sie Pilze züchten kann. Vielleicht kam das auch daher, dass das foodlab so ein riesen Glaskasten ist und das eher wie ein Gewächshaus ist. Erst hatte ich an Kräuter gedacht, dann aber gemerkt, dass das für das foodlab zum jetzigen Zeitpunkt zu teuer wird. Und so sind wir darauf gekommen, dass Pilze anbauen gar nicht teuer und auch gar kein Aufwand ist. Du brauchst Altpapier, eine Lampe aus dem Baumarkt und dann kannst Du theoretisch Pilze anbauen. Und ich glaube wir haben in einem unserer Lagerräume im foodlab das perfekte Klima und so versuchen wir jetzt mal Pilze anzubauen. Wir probieren das jetzt einfach mal aus, was haben wir denn zu verlieren. Im Zweifel ein bisschen Zeit, aber das ist okay.

Das ist genau der Spirit des “Hey, lass mal testen, ob das geht.” Ich habe gerade ganz viel Tomatensetzlinge weil mir letztes Jahr auf dem Balkon eine Tomate geplatzt ist. Und ich war so neugierig, dass ich einfach alles Kerne in die Erde gesteckt habe. Und jetzt habe ich massenhaft Tomatensetzlinge.

Oh, ich habe ganz viele Samen hier und leider gar keinen grünen Daumen. Ich kann Dir ganz viele Sachen geben, die kannst Du dann anzüchten und wir können die im foodlab ins Fenster stellen. Da ist es schön warm und sonnig.

Fantastisch, dann stelle ich auf jeden Fall mal ein paar Tomatenpflänzchen für das foodlab zur Seite. Weißt Du, das liebe ich. Wenn Leute sich unterhalten und zack, da ist die nächste Idee.

Genau und neben aller Digitalisierung, wenn Menschen sich begegnen, dann passiert einfach Magic. Und genau dafür finde ich, sind Coworking Spaces einfach so wichtig und das ist auch das, warum es das foodlab gibt. Damit sich Menschen begegnen und austauschen können. Damit genau diese Magic passieren kann.”