Meist sind Community Manager:innen für andere da. Und damit das auch langfristig möglich ist, müssen Menschen in dieser Rolle gut darin sein Selbstfürsorge zu praktizieren. Nur allzu oft bekommen wir mit, dass dies nicht gelingt und daher haben wir in einem unserer Netzwerktreffen eine Expertin zu dem Thema zu Wort kommen lassen.
Wer spricht denn da?
Anthea Backfisch hat während ihres Masterstudiums Public Health an der Charité Berlin ihr Unternehmen Health up gegründet. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich damit, wie das Arbeitsleben gesund gestaltet werden kann. Ihr Herzensthema ist dabei die Förderung der psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt. Für ihre Masterthesis erforschte sie die Arbeitsbedingungen in Coworking Spaces und im Home-Office aus der Sicht von Selbstständigen. Der wachsende Trend in „neuen“ Arbeitsumgebungen zu arbeiten, setzt voraus, dass diese Räume auch gesundheitsfördernd gestaltet sind.
Selbstfürsorge – was ist das?
Selbstfürsorge bedeutet so viel wie sich selbst wertschätzend zu begegnen und wahrzunehmen was ich an Bedürfnissen und Befindlichkeiten habe und diese ernst zu nehmen. Beim Community Management geht der Fokus oft nach außen zu den anderen und sich selbst stellen viele von uns dabei in den Hintergrund. Dies zu realisieren und in den Fokus zu nehmen, ist der erste Schritt.
Wie praktiziere ich Selbstfürsorge?
Der zweite Schritt ist dann den aktiven Schritt zum Wohlergehen zu leisten. Dies ist ein Prozess der positiven Selbstzuwendung.
In der heutigen Zeit gibt es viele Belastungen. Psychosozialen Aspekte spielen dabei große Rollen und können durch private und berufliche Krisen verstärkt werden. Selbstfürsorge sollte daher eine der Kernkompetenzen für Community Manager:innen sein. Um andere gut begleiten zu können, ist hier in besonderem Maße die geistige und körperliche Gesundheit wichtig. Wenn ich nicht gut für mich selber sorge, hat das immer auch Auswirkungen nach außen. Im Community Management also auf die Leistungen, die ich in meiner Community erbringen kann.
Heute haben viele von uns auch durch Themen wie Homeoffice ein stärkeres Zusammenspiel von privatem Leben und Berufsleben. Da fällt dann der Ausgleich zwischen dem was wir arbeiten und dem was uns gut tut, erholt und entspannt nochmal anders schwer. Denn wo uns vorher die räumliche Distanz geholfen hat, ist mittlerweile vieles mit einem Klick direkt nebeneinander.
Was ist für Selbstfürsorge wichtig?
Wie so häufig gilt es eine richtige Balance für sich selber zu finden.
Beim Burn-out sind die Arbeitsbelastungen zu groß und Ressourcen, die mir zur Verfügung stehen zu gering
Beim Bore-out sind die Herausforderung zu gering, obwohl Ressourcen vorhanden sind. Die Sinnhaftigkeit geht verloren und die Langeweile belastet mich.
In der Mitte dieser beiden Zustände liegt der Flow – der perfekte Mix aus Anforderungen und Ressourcen. Das Ziel von Selbstfürsorge ist es dorthin zu gelangen. Ressourcen sind als Basis wichtig um Selbstfürsorge zu aktivieren.
Ressourcen
Wir können verschiedene Ressourcen unterscheiden und dabei jeweils schauen, welche ich selber habe und für mein Arbeitsleben aktivieren kann.
- Innere Ressourcen sind Dinge wie Zufriedenheit ganz allgemein und solche Faktoren wie Humor.
- Physische Ressourcen sind beispielsweise eine Arbeitsumgebung, die nach ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet ist.
- Psychische Ressourcen ist zum Beispiel die Selbstsicherheit, die ich in mir trage
- Äußere Ressourcen können Menschen um mich herum wie Familie, Partner:in und Freundeskreis sein.
Grundbedürfnisse
Nach dem Psychotherapeuten Klaus Grave gibt es folgende Grundbedürfnisse, die wir versuchen zu erfüllen und die wir im Arbeitsleben mit ganz unterschiedlichen Aktivitäten erreichen können. Hieraus können wir sowohl für uns selbst, als auch für unsere Community Ideen entwickeln, um zu mehr Selbstfürsorge beizutragen. Dies sind Punkte, die wir sowohl für die Community unserer Coworkenden im Auge behalten sollten, als auch für uns selbst zum Beispiel als Team, das einen Coworking Space betreibt.
- Lustgewinn/Unlustvermeidung
Möchte Freude aktivieren, Genusserlebnisse haben, zusammen feiern. Dies findet in den Communities häufig durch gemeinsame Erlebnisse statt. Eine kleine Anregung dazu findet ihr auch in diesem Padlet aus einem der vergangenen Netzwerktreffen. - Kontrolle und Orientierung kann durch folgende Dinge realisiert werden
- Planung
- Sicherheit
- Routine
- Bindung, darunter verstehen wir Dinge wie:
- Zugehörigkeit
- soziale Kontakte
- Kommunikation
- Selbstwerterhöhung, Selbstwertschutz
- Anerkennung
- Wertschätzung
- Rückmeldung/Feedback
Wie kann Selbstfürsorge gelingen?
Es startet mit einer wertschätzenden Haltung sich selber gegenüber und mit Achtsamkeit für das eigene Befinden.
Wenn ich dann das Wissen um Ressourcen und Bewältigungsstrategien habe, kann ich hiermit innerhalb meines Gestaltungsspielraums Strategien entwickeln
Eine Idee ist es selbstfürsorgliche Routinen zu entwickeln. So kannst Du zum Beispiel am Ende des Arbeitstages einen Recap des Tages machen. Dies zahlt gleich auf verschiedene Grundbedürfnisse ein. Solche Stellschrauben können im Arbeitskontext die Selbstürsorge aktivieren und sind mir vergleichsweise geringem Aufwand etabliert.
Als Betreiber:in empfehlen wir Dir auf die Community Manger:in zuzugehen und die Person einuladen in die Wahrnehmung zum Thema Selbstfürsorge einzusteigen.
Wenn es in Deiner Nähe noch andere Coworking Spaces gibt könnte auch ein Stammtisch von Community Manager:innen eine gute Idee sein, um in den Austausch zu treten.
Ein Buch, das Anthea in dem Zusammenhang noch empfiehlt ist “New Work needs inner work” von Joana Breidenbach. Eine TED-Talk dazu findet ihr hier.
Anthea hat uns freundlicherweise ihre Präsentation des Abends zur Verfügung gestellt. Bitte beachtet, dass ihr sie nicht für kommerzielle Zwecke einsetzten dürft , sondern nur im Rahmen eurer eigenen Spaces und Communitities.